Tierschutzklagen

Die hauptsächliche Tätigkeit der anerkannten Tierschutzorganisationen besteht aus der Mitwirkung, d.h. der Möglichkeit einer tierschutzfachlichen Bewertung vor Erteilung einer behördlichen Genehmigung, insbesondere bei Anträgen zur gewerblichen Nutzung von Tieren (für Details siehe §11 Tierschutzgesetz).

Von der Möglichkeit eine behördlich erteilte Genehmigung einer Tierhaltung oder eines Tierversuchs gerichtlich überprüfen zu lassen (Tierschutzverbandsklage), wird nur in gut begründeten Fällen Gebrauch gemacht. Neben den anfallenden (ggf. hohen) anwaltlichen Kosten muss bedacht werden, dass die Rechtslage oftmals nicht eindeutig ist und zumeist nationales als auch europäisches Recht zu beachten ist. Daher bedarf es häufig nicht nur der Hinzuziehung erfahrener Tierschutzjuristen und/oder die Einholung externer Fachgutachten, auch die gerichtlichen Verfahren können langwierig sein.
Der Vorteil ist jedoch, dass eine positiv beschiedene Tierschutzklage zum Präzedenzfall werden kann und damit einen Grundstein für den weiteren rechtssicheren Umgang mit zukünftigen, ähnlich gelagerten Fällen bietet. Allerdings birgt eine gescheiterte Klage auch das Risiko, dass ein richterliches Urteil gefällt wird, das nicht im Sinne des Tierschutzes ausfällt. Das Einreichen einer Tierschutzklage muss daher im Vorfeld sehr gut überlegt sein.

 

Eines der ersten Klageverfahren haben die anerkannten Verbände mit einem dem Tierschutz wohlgesonnenen Urteil abschließen können:

Verwaltungsgericht Stuttgart untersagt Tötung von Tauben - Behörden müssen andere Methoden prüfen

Gerichtsurteil zu Taubentötungen (rechtskräftig seit Januar 2022, die Klage wurde eingereicht im Juni 2019, klagender Verband war der Landestierschutzverband B.W.)

Behörden dürfen keine Erlaubnis zur Tötung von Tauben als Schädlinge erteilen, wenn es Möglichkeiten gibt, die Tiere einzufangen und anderweitig unterzubringen. Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem Rechtsstreit des Landestierschutzverbands mit einem Landratsamt entschieden.
Hintergrund: Eine Firma, die mit offenen Legierungen arbeitet, hatte Probleme mit immer wieder einfliegenden Tauben. Als Maßnahme der Schädlingsbekämpfung wurde daher beantragt, die Tauben einfangen und wegbringen zu dürfen. Das Landratsamt versagte jedoch den Lebendfang und ordnete die Tötung der Tiere – mittels Genickbruch – an, obwohl der Tierschutzverband Baden-Württemberg eine Unterbringung der Tiere angeboten hatte.
Das Gericht verweist auf das im Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz: Die gezielte Tötung von Tieren ist stets nur als ultima ratio anzusehen. Selbst wenn also Tauben – in bestimmten Situationen – als Schädlinge eingeordnet werden, dürfen sie nicht pauschal getötet werden.
Der Tierschutzverband hatte dem Landkreis mehrmals angeboten, die Tauben in betreuten Taubenschlägen unterzubringen. Nach einer Eingewöhnungsphase kommen die Tauben freiwillig in den Schlag zurück, sie erfahren dort Sicherheit und Versorgung. Die Eier der brütenden Tauben werden gegen Gipseier ausgetauscht, die Tiere können sich nicht vermehren, eine Tötung überzähliger Tiere wird so verhindert. Dieses Vorgehen wird bei Stadttauben auch an öffentlichen Plätzen erfolgreich praktiziert.

 

 

Aktuell befinden sich die anerkannten Verbände in folgenden weiteren Klageverfahren:

 

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg: e.V.

Klage gegen nicht-artgerechte Putenhaltung und Leiden durch Überzüchtung der Tiere ("Qualzucht")

Klage eingereicht im Oktober 2017, aktuell im Berufungsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. hat aufgrund eines konkreten Falls beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage gegen das Veterinäramt Schwäbisch-Hall eingereicht. Finanziell getragen von der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, klagen wir gegen die nicht tierschutzkonformen Zustände in der Putenhaltung. Das angestrebte richtungsweisende Verfahren wird die Haltungsform der Putenmast in Deutschland grundsätzlich auf den Prüfstand stellen. Die bisher größte Verbandsklage soll die Haltung von Puten in Deutschland signifikant verändern und hat das Ziel, das bisher gängige System abzuschaffen.

Mehr Informationen finden Sie hier:

https://tierrechte-bw.de/index.php/verbandsklage-427.html

 

Landestierschutzverband Baden-Württemberg e.V.:

Akteneinsichtsklage

Wegen der Verweigerung zur Anfertigung von Kopien bei Akteneinsichten in Tierversuchsakten klagt der Landestierschutzverband B.W. gegen das Regierundpräsidium Tübingen. Während der Einsicht in umfangreich geschwärzte und nicht paginierten Auszüge aus den Originalakten, soll nur die Möglichkeit von handschriftlichen Notizen erlaubt sein. Da eine Referenzierung in vorgelegten Dokumenten nicht möglich ist und für die Sichtung somit hochqualifiziertes Fachpersonal anreisen und eingesetzt werden muss, klagt der Landestierschutzverband B.W. für eine Recht auf die Anfertigung von Kopien der vorgelegten Akten. Von der Gegenseite werden Zweifel am vertraulichen Umgang mit den kopierteAkten angebracht. Aufgrund der bestehenden Verschwiegenheitsverpflichtung der Mitarbeiter der anerkannten Verbände im Rahmen deTierschutzverbandsklage, ist dieses Argument jedoch unseres Erachtens nicht tragkräftig.
Die anerkannten Verbände erhoffen sich ein Urteil, aus dem sich ein generelles Recht auf die Anfertigung von Kopien im Rahmen von Akteneinsichten ableiten lässt.

Die Klage wurde im März 2022 eingereicht.

 

Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V.:

Klage gegen Primatenversuche in Baden-Württemberg

Hintergrund der Klage, ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erteilten Genehmigung zur Durchführung eines Versuchsvorhabens, das aus Hirnforschungsexperimenten an Primaten besteht. Nach Auffassung des bmt wurde im konkreten Fall nicht nur der Belastungsgrad für die im Versuch verwendeten Primaten zu niedrig eingestuft wurde, sondern es wurden auch in unzulässiger Weise Zwangsmethoden an den Tieren erlaubt, die mit erheblichem Leiden für die Tiere verbunden sind.

https://bmt-tierschutz.bmtev.de/aktuelles_verbandsklage_ba_wue.php

Klage eingereicht im November 2020.

 

Klage gegen den Erlass einer Verbotsverfügung langer Kälbertransporte

Hintergrund der Klage ist die aus Sicht des Verbandes rechtswidrige Abfertigung von Langstreckentransporten von nicht abgesetzten Kälbern. Beanstandet wird unter anderem, dass die Transporter nicht über geeignete Tränkeeinrichtungen verfügen. Die Kälber können während des Transportes also nicht artgerecht ernährt und versorgt werden.

Klage eingereicht November 2021, Klageabweisung im Januar 2023, Verfahren befindet sich derzeit in der 2. Instanz.